Gegen Bahnlärm, für eine Umgehungsstrasse!

Rede im Oldenburger Stadtrat am 26.11.2012

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen du Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD,

eine gute Beziehung ist geprägt von Offenheit, Zuwendung, gemeinsamen Interessen. Vor allem ist sie geprägt von der Fähigkeit, Konflikte zu meistern. In diesem Fall muss man die Argumente akzeptieren und mit der Situation umgehen. Dann geht mal etwas nicht gemeinsam. Trotzdem kann man weiterhin eine gute Beziehung führen.

Die Grünen sind für eine Umgehungstrasse an der A29 und wollen alle Anstrengungen nach wie vor in die Planungen und ihre Umsetzung stecken. Im Planfeststellungsverfahren 1! Jetzt!!
Menschen dieser Stadt haben registriert, dass die politisch Verantwortlichen zu wenig Aktivitäten ergriffen haben, um die unsägliche Idee eines Gütertransportes von Wilhelmshaven durch Oldenburg mit allen Kräften und ihren Einflussmöglichkeiten zu unterbinden.
Mit der Idee des Kollegen Adler, eine Umgehungstrasse zu bauen, setzten sich fortan Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ein und brachten neuen Schwung in die Diskussion. Wir danken Armin Frühauf, dass er sich unermüdlich eingesetzt hat, diese Idee voranzutreiben, auch innerhalb unserer Partei. Innerhalb eines Jahres ist es gelungen, diese Diskussion energisch in die politische Diskussion zu drängen.
Wir haben erlebt, welche Hürden sich auch dann einem politisch konstruktiven Prozess in den Weg stellen, als wir glaubten, dass die Stadt in der Auseinandersetzung mit der Bahn um eine die Stadt umgehende Trassenführung juristisch gut vertreten sei. Wir haben erlebt, dass Lärmschutzmaßnahmen zwar juristisch durchgesetzt wurden, ihre Realisierung jedoch nicht nur die Verschandelung unserer Stadt mit meterhohen Lärmschutzwänden bedeuten wird oder einen unzureichenden effektiven Lärmschutz durch Fenster, sondern dass dieser Lärmschutz nur bis zum Bahnhof reicht und Menschen südlich der Huntebrücke, in Osternburg, überhaupt nicht in den Genuss lärmmindernder Maßnahmen kommen.

Zwei Argumente verhindern es, dass wir alle mit ins Boot nehmen konnten zur eindeutigen Aussage, dass eine Umgehungstrasse die einzig sinnvolle und vernünftige Lösung ist:
Das erste Argument lautet: Wer die Umgehungstrasse fordert, gefährdet Lärmschutz und bauliche Maßnahmen, z.B. Tunnellösungen, an der Bestandsstrecke.
Das zweite Argument lautet: Die Bahnumgehung kommt frühestens in 25 bis 30 Jahren, deshalb sollten wir jetzt an der Bestandsstrecke planen und bauen.

Lärmschutzmaßnahmen werden frühestens 2018 umgesetzt. In jedem Fall aber wird Lärmminderung realisiert, denn diese sind gesetzlich vorgeschrieben und stehen damit nicht in Konkurrenz zur Umgehungstrasse.
Unterführungen und weitere Maßnahmen an der Bestandsstrecke werden, sehr verehrte Damen und Herren, mit 170 Mio. Euro beziffert, übrigens ohne die Huntequerung.
Wenn wir jetzt Planungen und den Bau dieser Lösungen unterstützen und fordern, wird niemand in Land und Bund eine parallele Lösung in Form einer Umgehungstrasse unterstützen. Warum auch? Es gäbe Unterführungen und Lärmschutzwände, die die Stadt so gewollt hat. Bund und Land würden keinen weiteren Cent in eine Ersatzlösung investieren, obgleich der durch die Stadt geführte Güterverkehr weitere Gefahren mit sich bringt.

Mit dem Jade-Weser-Port ist eine wirtschaftpolitische Entscheidung gefällt worden, die Auswirkungen auf die gesamte Republik haben wird. Wilhelmshaven als einziger Tiefwasserhafen in der Bunderepublik ist geeignet, hochmoderne Containerschiffe aufzunehmen. Hafenpolitisch erhält Wilhelmshaven damit eine enorme Bedeutung gegenüber Hamburg und sowieso gegenüber Bremen. Hamburg hat seine Kapazitäten ausgeschöpft und wird keine weitere Ausbaustufe realisieren können. Auf die ökologisch verheerenden Vertiefungen von Elbe und Weser kann verzichtet werden kann.

Einen Güterverkehr über die Bahntrasse zu verringern und damit Emissionen zu regulieren, z.B. durch Nachtfahrverbote, müsste konsequenterweise eine Verringerung der Auslastung des Jade-Weser-Ports bedeuten, oder es müssten noch mehr Güter über die Autobahnen transportiert werden. Geplant ist eine zweite Ausbaustufe des Jade-Weser-Ports, also eine Manifestierung des Tiefwasserhafens als dem größten in der Republik.

Wir sollten uns darauf einstellen und vorbereitet sein, dass nunmehr nicht der Süden, der jahrzehntelang Standortvorteile hatte aufgrund seiner Kohle, erste Wahl bei der Ansiedlung produzierender Betriebe sein wird, sondern der Norden, weil hier der Strom produziert wird!
Ergo sind die Kommunen, sind das Land und der Bund aufgefordert, infrastrukturelle Voraussetzungen zu schaffen im Sinne eines klimafreundlichen Konzeptes.

Eine meterhohe Wand, die quer durch die Stadt führt, eine Pferdemarktgestaltung, bei der die Bahnbrücke einer riesengroßen Raupenbahn auf zusätzlichen Betonstelzen gleichen wird oder dreifachverglaste Fenster, die nachts nicht geöffnet werden können, tragen nicht zu einer Attraktivität des Standortes bei!

Wer eine Politik will, die das große Ganze im Fokus hat, entscheidet sich für den engagierten Kampf auf höchster politischer Ebene, der leistet Überzeugungsarbeit und stellt klar, dass es sich hier nicht um ein x-beliebiges Mosaiksteinchen im viel beschworenen Verkehrswegeplan handelt, sondern um eine wirtschafts-, umwelt- und verkehrspolitische Weichenstellung für den Norden und für unsere nachwachsenden Generationen!
Lassen Sie uns diese Weichenstellung heute einleiten. Was Bürgerinnen und Bürger geschafft haben, sollte Motivation genug sein, mit aller Kraft gemeinsam für zügige Planungen und den Bau der Umgehungstrasse, und nur dafür, zu kämpfen!

Ich danke Ihnen!