Interview
„Wir müssen die Menschen wieder stärker zusammenführen“
Frau Dr. Rieken, was motiviert Sie, sich zur Wahl zu stellen?
Ich fühle mich sehr wohl in dieser lebendigen, weltoffenen und grünen Stadt. Oldenburg hat viel vorzuweisen, man kann durchaus von einer Perle im Nordwesten sprechen. Diese Potenziale weiter zu entwickeln und auch selbstbewusst nach Außen zu tragen, das würde mir wirklich Freude machen!
Sie wären die erste Frau, die dieses Amt in Oldenburg bekleidet. Braucht Oldenburg eine Oberbürgermeisterin?
Tatsächlich bin ich vielfach darauf angesprochen worden – übrigens nicht nur von Frauen, sondern auch von Männern – dass es gut täte, wenn jetzt endlich mal eine Frau ans Ruder käme. Ich denke schon, dass Frauen sich anders in politische Prozesse einbringen und auch mal andere Themen auf die Tagesordnung setzten. Wie zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das würde zudem dringend benötigte Fachkräfte frei setzen.
Was unterscheidet Ihren Politik-Stil von anderen?
Statt vorschnell Entscheidungen im „stillen Kämmerlein“ zu treffen, wünsche ich mir eine transparente, sehr viel stärkere Beteiligung aller BürgerInnen und Instanzen. Ich möchte zuhören, genau erfassen, wo die Herausforderungen liegen, Fakten analysieren, unterschiedliche Meinungen einholen, auch ExpertInnen einbinden – und dann gemeinsam Lösungen entwickeln, die zu einem tragfähigen Konsens führen.
Sie treten als unabhängige Kandidatin an, werden aber von den Grünen unterstützt. Ist das nicht ein Widerspruch?
Ich gehöre keiner Partei an. Das ist mir ganz wichtig. Die Aufgaben unserer Stadt lassen sich meiner Meinung nach nur meistern, wenn wir über Parteigrenzen hinweg agieren. Es geht um das große Ganze, um Oldenburg. Die Unterstützung der Grünen habe ich gern angenommen, weil ich Werte wie Nachhaltigkeit und ökologisches Denken für absolut notwendig halte.
Wie kann Oldenburg von Ihren Erfahrungen profitieren?
Wer einer Kommunalverwaltung vorsteht, sollte ihre Grundregeln und Gesetze beherrschen. Das habe ich von der Pike auf gelernt. Als Politikwissenschaftlerin und Vizepräsidentin der Uni Vechta weiß ich außerdem, dass wir hier neue Wege gehen müssen. Mit einer Verwaltung, die sich mehr als Dienstleister versteht. Die aktiv auf Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen zugeht, Netzwerke herstellt und förderliche Prozesse anstößt.
Was liegt Ihnen besonders am Herzen?
– Ein Oldenburg der Vielfalt, eine bunte Gesellschaft, in der alle Generationen, Ethnien und Lebensformen in einem guten und respektvollen Miteinander leben können. Wir müssen die Menschen wieder stärker zusammenführen. Dazu gehören neue Wohnkonzepte, eine gute Nahversorgung sowie Bildungs- und Freizeitangebote, die jedeR wahrnehmen kann. Und natürlich auch der Inklusionsgedanke.
Wo sehen Sie noch Entwicklungschancen?
Oldenburg ist eine Stadt der Wissenschaft. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich durch eine enge Vernetzung von Forschung, Wirtschaft und Politik interessante Perspektiven erschließen lassen. Ich denke da zum Beispiel an einen weiteren Ausbau der „European Medical School“ oder das Forschungsprojekt der Oldenburger Universität zum Thema Windenergie. Außerdem finde ich das im März beschlossene Stadtentwicklungskonzept „step2025“ sehr gelungen. Es soll die Entwicklung unserer Stadt auf vier Säulen stellen: Talente, Toleranz, Technologie und Tradition. Jetzt gilt es, diese Leitgedanken nach vorn zu tragen.
Wo trifft man Sie privat in Oldenburg?
Das ist ganz unterschiedlich. Ich habe jeden Tag mit vielen Menschen und Terminen zu tun. Da finde ich es auch schön, mal in aller Ruhe mit dem Fahrrad an der Hunte entlang zu radeln. Als ehemalige Handballerin bin ich natürlich ein echter Sport-Fan. Und ich genieße unser breit aufgestelltes Kulturprogramm. Welche Stadt hat schon ein eigenes Staatstheater?
Frau Dr. Rieken, Sie gelten als offen, strukturiert und kooperativ. Was sagt man sonst noch über Sie?
Man sagt, dass ich in der Lage bin, bei Interessenkonflikten sensibel zu vermitteln, die Leute miteinander in Gespräch zu bringen und auch bei komplizierten Fragen einen Kompromiss zu finden. Außerdem wird behauptet, ich hätte eine ruhige Ausstrahlung. (Sie lacht.) Aber manchmal bin ich auch ganz schön ungeduldig...